
Urmila sister
Im Herbst 2009 reiste ich das erste Mal nach Nepal und durfte Urmila Chaudhary, damals 19, kennenlernen. Es sollte der Anfang einer langen Story und Freundschaft sein. Damals hatte mich Kathrin Hartkopf von der Kinderhilfsorganisation Plan International Deutschland angerufen, ob ich nicht ein Buch über eine junge Frau schreiben wollte. Na klar wollte ich! Kathrin hatte Urmila gerade auf einer Reise kennengelernt und war von ihr und dem, was sie erlebt hat, zutiefst beeindruckt.
Es war eine Begegnung, die auch mein Leben verändern sollte. Nepal war wie eine Zeitreise – und auch ein bisschen Karma. Das erste Mal traf ich Urmila in Narti, einem Mädchenwohnheim, wo sie damals gerade lebte. Vor und nach der Schule saßen wir zusammen und sie erzählte mir ihre Geschichte. Damals konnte sie noch nicht genug Englisch, deshalb war Pratibha Chaudhary, eine Plan-Mitarbeiterin, dabei, die übersetzte.
Urmila wurde mit sechs Jahren als Kamlahari verkauft. Kamlahari heißt übersetzt „hart arbeitende Frau“ und ist eine traditionelle Form der Leibeigenschaft im Terai, der Tiefebene nahe Indien. Elf Jahre lang arbeitete sie für eine hochangesehene Familie in der Hauptstadt Kathmandu. Sie wurde wie ein Mensch zweiter Klasse behandelt, gedemütigt und durfte nicht zur Schule gehen. Erst mit 17 kam sie frei.
Ich schrieb ihre Geschichte auf. Ihre Biografie „Sklavenkind“ kam 2011 bei Droemer Knaur raus. Aus dem Buch entstand der Film „Nepals verschenkte Töchter“, den ich zusammen mit meinem Bruder Christoph für Arte drehte. Dass aus meinem Projekt unser Projekt wurde, macht es für mich auch so besonders. Wir begleiteten Urmila nach Oslo zum Freedom Forum und nach New York zum ersten Mädchentag, den Plan International 2012 bei den Vereinten Nationen initiiert hat.
Urmila ist eine unglaubliche Frau. Heute ist sie 33 und studiert Jura. Sie machte trotz vieler Rückschläge ihren Schulabschluss und erfüllte sich ihren Traum. In Nepal ist sie inzwischen eine bekannte Aktivistin. Sie setzt sich für die Benachteiligung der früheren Kamlahari, von Frauen und Mädchen ein.





